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European Rivers Network

 

TENs: VON PATCHWORK TO NETWORK ?
Artikel von Roberto A. EPPLE Executive Director ERN (European Rivers Network) , November 1996


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TENs für alles und für jeden

TEN ! Seit Jahren geistert dieser Begriff in allen möglichen Zusammenhängen herum. TEN steht für Trans-European Transport Networks, ein EU Progamm für welches Investitionen von etwa 400 Billionen ECU (!) bis zum Jahre 2010 vorgesehen sind oder besser gesagt Ende 1993 vorgesehen waren. Ziel : Mehr Güter und Personen (mal abgesehen von Elektronen auf den Datenautobahnen) schneller, billiger an mehr Orte zu bringen, freilich alles zum Wohle der Menschen (welcher eigentlich ?) und natürlich unter maximaler Berücksichtigung der Umwelt, heisst es ! Die Lücken zwischen den (so die EU) zumeist national ausgerichteten Transportnetzen sollen ausgemerzt werden, vom Patchwork zum Network ! Betroffen ist das EU Gebiet , die Stränge sollen aber darüber hinaus bis tief in potentielle Mitgliederstaaten, insbesondere nach Osten, gezogen werden. Das ganze beruht auf mehr als fraglichen und wenig abgestimmten Verkehrsprognosen für die einzelnen Verkehrträger. 70 000 neu Eisenbahnkilometer (davon 22 000 High Speed,TGV..)..., 15 000 km neue Hochleistungsstrassen sowie Erweiterungsarbeiten an bestehenden 58 000 km..., 270 Fluglätze sollen auf Pistenstandard gebracht und mit kompatibler Elektronik ausgestattet werden...,Pipelines und Datenautobahnen sollen gefördert werden... und last but not least soll das europäische Binnenwasserstrassennetz ausgebaut und besser an die Seehäfen angebunden werden. Mit TENs den Flüssen an den Kragen !

Gerade die letzte Kategorie der Wasserstrassen sollte seitens des Naturschutzes besonders kritisch verfolgt werden, denn nach genauem hinschauen entpuppt sich das EU Vorhaben für Wasserstrassen als eigentliches Flusskillerprogramm ! Die entsprechende Karte Europas stellt ein weitgefächertes Kanalnetz dar, dessen südlichster Ausläufer sind ein projektierter Adriakanal (Donau-Save-Adria ) und der Ausbau des Po in Italien, im Westen ist es der Rhein-Rhone Monsterkanal (200km fehlen noch am Doubs) , im Norden und Osten sind es der Ausbau des Mittellandkanals und der Elbe hinauf bis nach Prag, und noch weiter östlich werden die Fühler mit Projekten in Richtung Oder , Bug und Weichsel ausgestreckt. Sogar der Elbe/Oder-Donaukanal taucht wieder aus dem Dunkel der Geschichte auf und natürlich fehlt auch der durchgehende Ausbau der deutschen (Straubing) und österreichischen Donau (Hainburg ) ab dem massakrierten Rhein-Main- Donau verbindenden Altmültal, nicht auf der Karte . Und das sind nur die wichtigsten der aufgeführten Projekte ! Der angestrebte Ausbaustandard soll in einigen Fällen Schiffen von 110 m Länge und 11,4 m Breite die Durchfahrt gestatten, in anderen Fällen gar von 172 bis 185 m Länge bei gleicher Breite. Auch Kreuzen muss streckenweise möglich sein und zudem verlangen die neuen mehrstöckig beladenen Containerschiffe nach mehr Freihöhe bei der Unterfahrung von Brücken. Da kann man dann auch keine störenden Mäander gebrauchen, da müssen Durchstiche und Begradigungen vorgenommen werden und mit Strombaumassnahmen sollen Mindesttiefen garantiert werden, möglichst ganzjährig !

Die geplanten Bauvorhaben werden in Zentraleuropa die letzten noch verbliebenen, halbwegs naturnahen Flussabschnitte in banale Kanäle umwandeln, es wird zu weiteren Flusseintiefungen wegen Buhnen und Deichbauten kommen, Auenwälder werden austrocknen und die Grundwasserspiegel absacken und den zwar schmutzigen aber sonst noch wenig verschandelten Flüsse in Europas Osten und Süden, in manchen Fällen wahre Märchenlandschaften, droht dasselbe Schicksal das die unsrigen schon ereilt hat. Milliardenbeträge zum Kanalisieren Was das alles kosten soll ist derzeit kaum eruirbar, aber eine Grössenenordnung kann an zwei Beispielen erahnt werden: - Das fehlende, stark umstrittene französische Teilstück des Rhein-Rhone Kanals soll 5 Milliarden DM kosten, Gegner des Projektes sprechen gar von 11 Milliarden. Das ist der Preis allein für das jetzt geplante Teilstück von etwa 200 km am wunderschönen Doubs inklusive der notwendigen Bauwerke zur Überwindung der Wasserscheide zum Elsass hin. - Der deutschen Projekte und da auch nur gerade der prioritären Programme sollen etwa 7-8 Milliarden kosten und beinhalten die Ausbauten von Mittellandkanal, Elbe/Saale/Havel/Oder und Berliner Wasserstrassen, Donauausbau bei Straubing und Vilshofen und einige andere "kleinere " Projekte. Das Gesamtprogramm TENs sieht im Rahmen der 400 Billionen DM eine erste Tranche von etwa der Hälfte vor. Die Finanzierung sieht 10 % reine EU-Mittel vor, die übrigen 90% sollen über die Kassen der betreffenden Nationen und verschiedener Finanzorganisationen wie EIB (Europ. Investment Bank), dem European Investment Fund, dem Structural Funds und anderer teilsprivater Institutionen aufgebracht werden. Sand im Getriebe Glücklicherweise ist TEN's in Sachen Binnenschiffahrt in Stocken geraten, die überrissenen Verkehrsprognosen gehen hinten und vorne nicht auf und da gibt es offensichtliche Finanzierungsprobleme u.a. bedingt durch die prekäre Wirtschaftssituation der meisten EU-Staaten. Die Verkehrsminister verlangen von den entsprechenden Finanzminister und natürlich von der EU mehr Geld, erhalten dies aber nicht.

Aber auch die Opposition gegen überrissenen Kanalisierungen und Strombaumassnahmen wächst allenthalben. So manifestierten in Frankreich anlässlich diverser Demonstrationen innerhalb der letzten 18 Monate jeweils 10 000 Menschen in verschiedenen Städten gegen die Kanalisierung des mäandernden Doubs im Rahmen die „Grand Canal Rhin-Rhone" (Rhein-Rhone Kanal). Wer Frankreich kennt weisst was dies bedeutet ! In Deutschland hat der Widerstand der Naturschutzverbände auch schon Früchte getragen: der Ausbau der Donau bei Straubing und Vilshofen wurde auf Jahre verschoben, ohne Zweifel der Anfang des Endes des Projektes und im Kampf um die Elbe kam es vor kurzem zu einer ersten gemeinsamen Erklärung zwischen den grössten Umweltverbänden und dem BMV in Bezug auf die Zukunft der Elbe. (Verzicht auf Staustufen und eine langfristig angelegte Befreiung der Elbe nördlich Magdeburgs vom Güterschiffverkehr). Das ist noch nicht das Gelbe vom Ei, aber zumindest ein erster grosser Schritt. Weiter im Osten gibt es ein weiteres Beispiele für eine Neuorientierung. Die Donau wurde zwischen Wien und Hainburg auf 35 km Länge zum österreichischen Nationalpark erklärt und zwar an der Stelle wo die Donau noch frei fliesst und wo vor Jahren ein Staudamm bei Hainburg nach langjährigem Widerstand gestoppt worden war. Da werden Schiffe auch in Zukunft fahren können, aber diese haben ihre Grösse dem Fluss anzupassen und nicht umgekehrt !

Notwendige Neuorientierung Verkehrsprognosen sollten nicht nicht mit Naturgesetzten verwechselt werden !! (Zitat aus dem Memorandum zum geplanten Ausbau von Flüssen in Europa von Professor Thielke): Nur ein Beispiel : Die Annahmen für Deutschland gehen von folgenden Steigerungsraten bis 2010 aus (Stand 1993): -Strasse + 95% -Schiene +55 % -Binnenschiffahrt + 84 % dazu muss man wissen, dass die Binnenschiffart Deutschlands in den letzten Jahren in absoluten Zahlen gerechnet stagnierte und ihr prozentualer Anteil am Güterverkehr rückläufig war ! Die zu Grunde gelegten Zahlen sind in Deutschland niemals ernsthaft disskutiert worden, niemals ist beispielsweise nach demvolkswirtschaftlichen Sinne solcher Steigerungsraten gefragt worden und weder der Sinn noch die Nebenwirkungen solcher Verkehrprognosen wurden hinterfragt. Die Grundforderung lautet daher : Prognosen offenlegen, Transportbedarf belegen, volkwirtschaftlicher Nutzen beweisen und was dann noch bleibt muss vernünftig gewichtet auf die einzelnen Verkehrträger umgelegt werden. Dabei müssen beim Kostenvergleich alle zuordenbaren Kosten berücksichtigt werden und es sind volk- und nicht betriebswirtschaftliche Kriterien anzuwenden. Eine weitere Perversität von TENs ist der Umstand, dass viele Verkehrstränge paralell verlaufen, also etwa die Autobahn paralell zur Eisenbahn, oder diese wiederum entlang von Flûssen die man kanalisieren will. Dieser Paralellausbau verhindert eine optimale Nutzung der Kapazitäten. Ein Beispiel: entlang der Elbe liegen grosse Schienenkapazitäten brach ! Sollten nicht diese erst ausgenutzt werden, auch wenn modernisiert werden müsste ? Wo sind die Berechnungen möglichen Hochwässerschäden als Folge einer unentwegten Eindeichung und Kanalisierung berücksichtigt ? Wo ist die Selbstreinigungskraft eines freifliessenden Flusses eingerechnet und welchen Wert hat man dem Verlust an Landschaft, Artenvielfalt und Lebensqualität zugeordnet? Fragen über Fragen. TENs erscheint im kritischen Licht des heutigen Wissens als ein Schnellschuss oder Fehlstart, und ist demzufolge neu zu überdenken. Was die Flüsse Europas wirklich brauchen ist eine Netzwerk von Schutzgebieten, Rückbau von Dämmen und Deichen und eine vernünftige, langfristige und europaweite Politik zur Erhaltung dieser lebenswichtiger Fliessgewässer ! Naturresourcen nutzen und schützen, dass ist die Devise! Die Erkenntnisse von Rio zum sustainable Development gelten auch bei uns !

Ende des Artikels