by ERN
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Gierseilfähren
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Wer hat nicht
schon auf einer Gierseilfähre ge- standen, um ans andere
Flußufer zu kommen?
In Sachsen-Anhalt
gibt es noch viele dieser Fähren, die ohne Motorkraft,
nur die Strömung des Flusses ausnutzend, als Verkehrsmittel
dienen. Anachronismus meinen die einen, originell und umweltfreundlich
sagen die anderen. Was ist dran an diesen "schwimmenden
Brücken"?
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Übrigens kann nicht
nur Sachsen-Anhalt auf einen beachtlichen Bestand an Gierseilfähren
blicken. Auch in Sachsen verkehren noch in Krippen, Königstein,
Rathen und Wehlen Personenfähren mit Gierseiltechnik. Für
den Wagenverkehr zugelassen außerdem noch in Niedermuschütz,
Strehla, Mühlberg und Belgern. Unsere tschechischen Nachbarn
betreiben ebenfalls noch in drei Ortschaften an der Labe (Stand 1972)
Fähren mit dieser umweltfreundlichen Antriebsart (Angaben lt.
IKSE vom 7.8.1997). Bei den Fähren in Niedersachsen handelt es
sich schon um freifahrende, also nicht mehr um Gierseilfähren
(Angaben lt. Bez. Lüneburg vom Dez. 1996). [Seitenmitte]
Die Technik der Gierseilfähre
ist eine Erfindung des Holländers Hendrik Heuck aus Nimwegen.
Er verwirklichte sie zunächst im Jahre 1657 am heimatlichen Fluß
Waal. An der Elbe ließ bereits 1682 Fürst Johann Georg
II. am Roßlauer Elbübergang eine Gierseilfähre einsetzen.
Diese war nach rheinischem Muster gebaut und entsprach im Prinzip
den heutigen Gierseilfähren. Auch im 18. Jahrhundert setzten
sich an weiteren Elbübergängen die Gierseilfähren gegen
die Stak- und Ruderfähren durch.
Beim "Gieren" wird die
kinetische Energie des strömenden Wassers ausgenutzt, um die
Bewegungen eines schwimmenden Gegenstandes senkrecht zur Strömungsrichtung
zu erreichen.
Die Fähre pendelt
an einem langen Halteseil (ca. 400 m), welches am Flußgrund
außerhalb der Fahrrinne fest verankert ist und durch Bojen an
der Oberfläche gehalten wird, zwischen den beiden Flußufern.
Bei Schiffsverkehr verbleibt die Fähre auf der Ankerseite.
das Halteseil spaltet sich
etwa 30 m vor der Fähre in zwei Führungsseile auf, deren
Länge über Winden verstellt werden kann. Der darurch veränderte
Anstellwinkel der Fähre zum Strom bewirkt, daß der Druck
des strömenden Wassers die Last zum anderen Ufer befördert.
Voraussetzung ist allerdings eine genügende Fließgeschwindigkeit
von mindestens 2 km/h.
Bestehende Gierseilfähren
haben meist eine Länge von 35 m, eine Breite von 7,5 m und eine
Ladefähigkeit von 35 t.
Durch das Ausnutzen der
Flußströmung hat die Gierseilfähre im Vergleich zur
Motorfähre einen wesentlich geringeren Energieaufwand ohne eine
wesentliche Verlängerung der Überfahrtszeiten. Zu diesem
umweltfreundlichen Aspekt kommt die wirtschaftliche Bedeutung für
viele Regionen Sachsen-Anhalts, die im Transport von Fahrzeugen zur
Überquerung von Elbe und Saale zu finden ist. [Seitenende]
Kritisiert wird die scheinbar
verhältnismäßige Unbeweglichkeit der Fähren und
ihre geringere Eignung für die ständigen Überfahrten
auf einer vielbefahrenen Wasserstraße. Dem stehen geringe Betriebs-
und Unterhaltungskosten und, aus ökologischer Sicht, die völlige
Emissionsfreiheit gegenüber.
Nicht unterschätzt
werden sollte die wachsende Bedeutung der Gierseilfähren für
den Tourismus.
Ob als attraktives Verkehrsmittel,
landschaftstypische Besonderheit oder umweltfreundliche
Technik -
diese Gierseilfähren beeindrucken viele Menschen immer wieder
neu.
Durch die Landesregierung
Sachsen-Anhalt wird der Erhalt aller Gierseilfähren angestrebt.
Bereitgestellte Fördermittel sollen die Umrüstung bzw.
den Neubau der Fähren, die sich zu etwa 90% in kommunalem Eigentum
befinden, ermöglichen. Die seit 1995 existierende Konzeption
zum Erhalt der Fähren soll die Anpassung an die Vorschriften
der Binnenschiffs-Untersuchungsordnung und Fortbestand dieses umweltfreundlichen
Verkehrsmittels sichern. [Seitenanfang]
Die Elbe und Saale mit
allen natürlichen und kulturellen Werten sind schützenswerte
Flußlandschaften. Gierseilfähren gehören dazu, und
das nicht nur als museale Erinnerungsstücke, sondern auch als
Zeichen der Integration einer umweltfreundlichen Technik in Natur
und Landschaft.
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Informationen
über Gierseilfähren wurden dem Faltblatt
des
BUND-Elbeprojekt-Büros in Dessau entnommen.
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