by ERN
European Rivers Network
|
Elbeeinzugsgebiet: Naturschutzstationen und Besucherzentren
|
|
|
Der
Biber
(mit
Texten für junge Leser)
|
Ich
sehe was, was Du nicht siehst: ...
... hat riesengroße
Nagezähne und einen platten Schwanz. Es ist nicht
schwer zu erraten, wer gemeint ist.
Man muß
sich nur gut auskennen im Biberrevier und noch eine große
Portion Glück haben, um seine Bewohner einmal sehen zu können.
Besteht doch auch Grund zur Vorsicht, denn der Mensch hat dem
Biber in den letzten Jahrhunderten das Leben nicht gerade leicht
gemacht. Es war fast, als sollte "Meister Bockert" nur noch in
Fabeln und Märchen weiterleben, so rücksichtslos war
die Jagd auf ihn. Kurzerhand zum Fisch gekürt, bereicherte
er den mönchischen Speisezettel in der Fastenzeit. Aber auch
sonst war sein zartes Fleisch begehrt und besonders der Schwanz
eine Delikatesse. Sein weiches Fell hielt warm und war Statussymbol
zugleich. Da vor allem bei Begüterten die Nachfrage groß
war und sich damit viel Geld machen ließ, konnte nie genug
von diesen Pelzen beschafft werden. |
|
|
Die
Indianer Nordamerikas werden wohl nie begriffen haben, warum die
weißen Siedler ihrem "kleinen Bruder" so auf den schönen
Pelz rückten, daß dieser dort sehr selten wurde.Ein
weiterer Grund für diese "Wertschätzung" lag in der
Nutzung des Bibergeils als Allheilmittel. Außerdem waren
Biberzähne als Amulett gut zu gebrauchen, so man daran glaubte.
Der Biber war
ursprünglich fast auf der ganzen nördlichen Halbkugel
vertreten. Doch schon im 19. Jahrhundert existierten in Europa
nur noch Restbestände an der unteren Rhône, mittleren
Elbe, in Südnorwegen und an der polnisch-russischen Grenze.
Als er unter
Schutz gestellt wurde, war es fast schon zu spät. Durch vor
Jahrzehnten eingeleitete Schutzmaßnahmen erholte und stabilisierte
sich der Bestand an der mittleren Elbe wieder so gut, daß
nun auch Niedersachsen und Brandenburg durch Abwanderung davon
profitieren.
Ansonsten hat
man wie in Bayern versucht, durch Ansiedlung anderer Biberunterarten
ihn in mehreren Gebieten Deutschlands wieder heimisch werden zu
lassen. Meist mit positivem Ergebnis, auch wenn einige Erfolgsmeldungen
mit etwas Zurückhaltung zu betrachten sind.
[Aussehen] |
|
|
|
Größtes
europäisches Nagetier, gedrungen wirkend, 20-30 kg schwer
mit Schwanz
ca. 110-140 cm lang,
breiter abgeplatteter,
mit Hornschuppen bedeckter und unbehaarter Schwanz,
der als Steuer
sowie als Fettdepot und zur Regulierung der Körpertemperatur
dient,
je nach Unterart
braunes bis braun-schwarzes Fell,
sehr dichte und
weiche Unterwolle mit darüberliegenden Grannenhaaren,
Bauch: 23000
Haare/qcm, Rücken: 12000 Haare/qcm,
das Fell wird
mit einem öligen Drüsensekret eingefettet,
kleine braune
Augen, vor die sich unter Wasser ein hauchdünnes Häutchen
schiebt,
die kurzen Ohren
sind ebenfalls wie die Nase verschließbar, |
ausgezeichnetes
Geruchssinn, sehr gutes Gehör, guter Tastsinn,
Vorderpfote mit
5 relativ kurzen Zehen und ziemlich langen Krallen dient zum Greifen
von Gegenständen
und zum Scharren von Gängen,
Hinterpfote mit
5 längeren Zehen und kürzeren stumpfen Krallen ist mit
Schwimmhäuten
versehen,
Besonderheit
ist eine als Putzkralle bezeichnete Doppelkralle an der 2. Zehe,
die mit einer
orangeroten harten Schmelzschicht versehenen paarigen Nagezähne
wachsen ständig
nach, die Backenzähne unterliegen der Abnutzung.
[Fortpflanzung] |
|
|
mit
ca. 3 Jahren geschlechtsreif,
Paarung:
Jan. - März im Wasser,
Tragezeit: 105-107 Tage, 1 Wurf pro Jahr,
1-5 Junge, behaart, mit offenen Augen,
können sofort schwimmen,
mit 2 Jahren verlassen die Jungen die Familie,
werden 12-17 Jahre alt (im Zoo 20-25 Jahre)
[Lebensraum]
|
|
|
Bevorzugt
langsam fließende oder stehende Gewässer mit reichem
Uferbewuchs oder
ausgedehnten Auewäldern, akzeptiert aber auch andere Gewässertypen
und versucht,
sie seinen Bedürfnissen entsprechend zu verändern, |
da
anpassungsfähig kann er auch in ehemaligen Tagebauen und
Kiesgruben sowie in Entwässerungsgräben und Ackergebieten
siedeln,
erforderlich
ist eine Wassertiefe, die das Gewässer im Winter nicht
bis auf den Grund
gefrieren und im Sommer nicht austrocknen läßt.
Voraussetzungen
für eine Biberansiedlung:
- ausreichende
Wasserfläche und -tiefe
- geeignete
Ufer für Wohnbauten
- ausreichende
Nahrungsgrundlage
- keine
unmittelbare Störung seiner Aktivitäten [Lebensweise]
|
|
|
|
Vorwiegend
dämmerungs- und nachtaktiv,
als guter Schwimmer
und Taucher bleibt er meist nur 2-3 min. unter Wasser, kann aber
auch durch
effiziente Ausnutzung
des eingeatmeten Sauerstoffs bis 15 min. abtauchen,
lebt monogam
im Familienverband, dem oft 2 Generationen Jungtiere angehören,
wenn Lebensraum
groß genug ist, kann auch eine Biberkolonie mit mehreren
Familien bestehen,
normalerweise
unternehmen geschlechtsreife Jungtiere Wanderungen bis 100 km
und darüber hinaus,
Reviergröße
ist abhängig von Gewässergröße bzw. Lebensraumqualität
und kann 100 m an Seen
und bis 3000
m an Fließgewässern betragen,
Revierkämpfe
werden ausgetragen, auch mit Verletzungen,
nach Reviergründung
ortstreu, dadurch existieren Reviere oft über Generationen,
Markierungen
werden mit Bibergeil gesetzt,
kein Winterschlaf,
aber u. U. wochenlang im Bau,
ausgeprägtes
Sozialverhalten [Nahrung] |
|
|
|
Pflanzenfresser,
Pflanzenangebot je nach Jahreszeit in und am Wasser,
Sommer: vorwiegend
Kräuter, auch Feldfrüchte,
Winter: vorwiegend
Zweige und Rinde,
150-300 verschiedene
Pflanzenarten, mit Vorliebe Pappeln, Weiden und Seerosen,
aber auch andere
weiche Hölzer wie Erle, Birke, Ulme, Traubenkirsche,
braucht als erwachsenes
Tier pro Jahr etwa 7,5 cbm Hölzer und Pflanzen als Nahrungsgrundlage,
deponiert Wintervorräte
in Nahrungsflössen vor den Wohnbauten unter Wasser
[Bautätigkeit] |
|
Die
einen nennen den Biber einen "vierbeinigen Ingenieur" bei der
Landschaftsgestaltung, die anderen sprechen von hochdifferenzierten,
weitervererbbaren Instinkthandlungen. Wie man es auch betrachtet:
Als fleißiger Wasserbaumeister gestaltet sich der Biber
durch Burgen-, Damm- und Kanalbauten dort seinen arttypischen
Lebensraum, wo er ihn von der Natur nicht in der Weise angeboten
bekommt. Bei
ausreichend hohen Fluß- oder Bachufern werden schräg
nach oben führende lange Gänge mit einem über der
Wasserfläche liegenden kugeligen Wohnkessel gegraben. An
seichteren Gewässern entstehen mächtige geräumige
Burgen aus Ästen, Schilf und Schlamm, deren 1-2 Wohnkammern
schon einen Durchmesser von 1,20 m und eine Höhe von einem
halben Meter haben können. Dazwischen
gibt es viele Mischformen, denn von oben eingebrochene oder überschwemmte
Erdbaue legen die Biber oft einen Stockwerk höher und dichten
sie von oben ebenfalls mit Zweigen, Schilf und Schlamm ab. |
Es
wird dann zwischen Erdbau, Mittelbau und Hochbau unterschieden.
Die Temperaturschwankungen
in diesen Reisig- und Erdbauwerken sind relativ gering.
Allen Bauformen ist gemeinsam, daß der Wohnkessel - ausgepolstert
mit Nagespänen - über der Wasseroberfläche liegt,
während der Biber bemüht ist, die Eingangsröhren
ständig und ganzjährig unter Wasser zu halten.
Dammbauten entstehen,
um den Wasserstand auf ein für den Biber erforderliches Maß
anzuheben und zu regulieren. Dabei wird durch Einbau von Zweigen
und Ästen sowie Verwendung von Baumstämmen und Steinen
Standfestigkeit erreicht.
Das Baumaterial
findet er vor seiner Haustür. Dank seiner Nagezähne,
die er als kräftiges Werkzeug einsetzt, fällt er Bäume
von 40-50 cm Stärke ohne große Anstrengung und in relativ
kurzer Zeit. Je nach Standort des Baumes setzt er die Bißkerben
etwa 50 cm über dem Boden entweder einseitig oder in Sanduhrform
an. |
|
Wenn
für den Transport des Baumaterials oder der Nahrungsvorräte
relativ weite Strecken zurückgelegt werden müssen, benutzt
der Biber Kanäle.
Es ist schon
erstaunlich, wie er durch ein Labyrinth von Kanälen und Dämmen
seinen Lebensraum zu seinem Nutzen gestaltet und dabei auch noch
anderen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum schafft. [Besonderheiten] |
|
|
Viele menschliche Verhaltensweisen
hatte man bisher den Bibern angedichtet. Sieht er doch beim Aufrechtsitzen
mit seinen bedächtigen Bewegungen einem gemütlichen älteren
Herrn nicht unähnlich. Beim Schälen der Rinde setzt er sehr
geschickt seine Vorderpfoten ein. Das Putzen und Striegeln seines Fells
geschieht so oft und intensiv, als wollte er einen Schönheitswettbewerb
gewinnen. Diese Mühe muß er jedoch aufwenden um die Funktionen
seines Pelzes hinsichtlich Wärmeisolation, Wasserabweisung und
Auftriebswirkung zu sichern.
Ob
die Kanäle, die eigentlich nur der Erleichterung von Transportarbeiten
dienen, bewußt angelegt sind oder sich nur mit der Zeit
durch ständige Benutzung herausgebildet haben, ist nicht
mit Bestimmtheit zu sagen. Auch das Herunterregulieren des Wasserstandes
bei zugefrorenem Gewässer, um eine wasserfreie Zone unter
dem Eis zu erhalten, kann man schon fast als intelligent bezeichnen. |
|
Ungemütlich
kann er werden, sollte ihm ein Artgenosse das Revier streitig
machen. Leider ist die sekundäre Infektion der dabei zugefügten
Verletzungen eine der Todesursachen bei den Bibern. Weitere
Abgänge erfolgen durch Hochwasser, Krankheiten - besonders
bei Jungtieren - und Nachstellungen durch den Menschen. Die Abgangsursache
Verkehrstod hat inzwischen einen traurigen Rekord von schätzungsweise
50% erreicht. |
Trotz
aller Bestandserholungen und Neuansiedlungen gehört der Biber
in Deutschland immer noch zu den vom Aussterben bedrohten Tieren.
Aber er setzt
sich durch und macht sich damit nicht immer beliebt.
Der Biber beansprucht,
bedingt durch seine Lebensweise, die ufernahen Bereiche der Gewässer
und gerät dabei in Konflikt zur Landnutzung des Menschen.
Hat der Mensch jedoch bedacht, welche Rolle eigentlich naturnahe
Gewässer und ihre Auenbereiche im Naturhaushalt und damit
auch für ihn selbst haben? Ein intakter Auenbereich bestimmt,
abgesehen vom natürlichen Hochwasserschutz, zum großen
Teil die biologische Wirksamkeit und die Selbstreinigungskraft
des Gewässers. Von der Renaturierung und dem Schutz der Auenbereiche
profitieren also nicht nur der Biber und viele andere Tierarten,
sondern auch der Mensch.
[Ende]
Mit der Aktion
Biberschutz engagiert sich die Deutsche Umwelthilfe für die
Renaturierung von Flüssen und Bächen, deren Auen hohe
ökologische und ökonomische Bedeutung haben. |
Zurück
zur Elbe-Hauptseite
|
|
|
Die Fotos wurden freundlicherweise
von Herrn K.-A. Nitsche aus Dessau zur Verfügung gestellt.
Literaturquellen
Faszinierende Tierwelt; Falken Verlag GmbH Niederhausen
M. Bouchner - Der Kosmos-Spurenführer - Franckh´
scheVerlagshandlung Stuttgart 1987
M. Görner, Dr. sc. H. Hackethal - Säugetiere
Europas - Neumann Verlag Leipzig/Radebeul 1988
F. Robiller - Tiere der Nacht - Urania Verlag
Leipzig-Jena-Berlin 1987
E. Hobusch - Auf Castors Spuren - UHU Berliner
Verlag 1985
K. Hintz - Von Biber und Bauern - Globus 3/97
Biber - Bayerisches Amt für Umweltschutz
München 1995
Die Biber-Grafik ist dem Kunstblatt "Geschützte
Säugetiere" von Gerd Ohnesorge entnommen.
|
Diese Seiten und
ihr Inhalt sind © Copyright von European Rivers Network.
|